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INTERVIEW

Taller G, Mexiko-Stadt
APS/WÖHR, Mexiko-Stadt

Foto: Luis Sánchez Núñez de Cáceres

Leicht und transparent

  • Text: Moritz Osswald
  • Fotos: Edgardo Contreras, Luis Sánchez Núñez de Cáceres

Zehn Jahre nahm die Planung, Konzeption und Konstruktion des Gebäudes Chapultepec Uno in Mexiko-Stadt in Anspruch. Architekt und Geschäftsführer von Taller G, Salvador Nuñez, erzählt vom Schaffen architektonischer Ikonen, von Erdbebensicherheit und der Beziehung zwischen Solitär und Stadt.

Moritz Osswald: Wie ist Chapultepec Uno konzipiert?

Salvador Nuñez: Es handelt sich nicht nur um ein Hochhaus, sondern es ging vor allem darum, ein Gebäude zu schaffen, das als Grenze zwischen dem Wald von Chapultepec und dem Paseo de la Reforma dient, als Grenze zwischen Natur und städtischem Raum. Ein Gebäude mit absolut zeitgenössischem Charakter und einer avantgardistischen Vision, das Merkmale wie Leichtigkeit und Transparenz hervorhebt. Es soll somit zu einer Ikone von Mexiko-Stadt werden.

Deutschland und Mexiko unterscheiden sich hinsichtlich der Architektur vor allem durch das Vorhandensein starker Erdbeben. Chapultepec Uno soll erdbebenresistent sein. Wie wird das erreicht?

Der derzeitige Trend bei Gebäuden in Erdbebengebieten geht dahin, dass sich die Strukturen mit dem Erdbeben bewegen, um einen Zusammenstoß der Kräfte zu vermeiden. Das war bei diesem Projekt nicht möglich, da wir sehr nahe am Torre Mayor liegen und nach Osten hin ausgerichtet sind. In Anbetracht dieser Nähe musste unsere Struktur sehr steif sein. Unser Tragwerk verfügt über ein System von Gegenluftöffnungen, das die durch Erdbeben verursachten Kräfte ableitet. Dabei handelt es sich um diagonale, unter Spannung stehende Metallstrukturen, welche die Säulen des Gebäudes alle drei Stockwerke miteinander verbinden und die Kräfte ins Erdgeschoss ableiten, wenn das Gebäude durch ein Erdbeben erschüttert wird.

Die Architektin Laure Nashed hob in Bezug auf die Geschichte der Architektur in Mexiko hervor, dass die Architekt:innen hierzulande hauptsächlich der Oberschicht gedient hätten. Das habe sich erst mit dem verheerenden Erdbeben 2017 geändert. Die Geschichte der Architektur ist eine Geschichte der Macht: Paläste, Kathedralen, Denkmäler. Wir Architekten müssen uns heute um Stadtplanung und Ausgewogenheit bemühen und alles gestalten können, vom einfachen Wohnhaus bis zum gemischt genutzten Gebäude. Jedes Problem wird zu einer besonderen Herausforderung. In einigen Fällen arbeiten wir mit konventionellen Systemen. In anderen erfordert es die Aufgabe, nach gewagteren Lösungen zu suchen, z.B. mit modernster Technologie, wie dem robotergestützten Parksystem des Chapultepec Uno.

Was gibt das Gebäude der Stadt zurück?

Zum einen hat dieses Gebäude eine große Anzahl von Arbeitsplätzen für alle sozialen Schichten geschaffen. Zum anderen wird das Gebäude von den Bürger:innen als etwas angesehen, das auch ihnen gehört, denn das Gebäude stärkt das Zugehörigkeitsgefühl der Stadtbewohner:innen. Wenn Sie den Paseo de la Reforma entlanggehen und die Menschen beobachten, werden Sie sehen, dass Leute aus allen sozialen Schichten stehen bleiben und Fotos von dem Gebäude machen. Sie bleiben stehen, um es zu bewundern. So gesehen ist es ein städtischer Bestandteil.

Auf kleinen Bauplätzen muss man Hochhäuser errichten

APS/WÖHR, Mexiko-Stadt

Die Ingenieure Frank Stockenberg und Javier Lachica haben den Wolkenkratzer Chapultepec Uno mit einem vollautomatischen, unterirdischen Parksystem ausgestattet. Im Interview erklären sie, wie man in Mexiko-Stadt den begrenzten Parkraum optimal nutzt und warum robotergestützte Systeme dafür besonders geeignet sind.

Moritz Osswald: Wie lässt sich in einer so dicht besiedelten Metropole wie Mexiko-Stadt der knapp verfügbare Parkraum intelligent nutzen?

Frank Stockenberg: In Mexiko-Stadt steht nicht mehr viel Fläche zur Verfügung. Infolgedessen muss man auf kleinen Bauplätzen Hochhäuser errichten, um einen Mehrwert im Verhältnis zu den Grundkosten eines Bauplatzes zu erzielen. Denn die Kosten hier sind horrend. Um ein Gebäude dieser Höhe zu errichten, ist der intelligenteste Ansatz, ein Parkhaus zu bauen, das über ein robotergestütztes Parksystem verfügt.

Der Übergabebereich ist ein gemeinsamer Parkplatz für alle. Die großen Dimensionen und die Transparenz des Glases sichern einen komfortablen Raum für Ankunft und Abfahrt.

Was bietet dieses Parksystem an?

Javier Lachica: Es gibt drei Variablen, die es ermöglichen, dass die Systeme eine praktikable Lösung darstellen: die Größe des Grundstücks, die zulässige Dichte und die Geometrie. Wenn man Grundstücke hat, auf denen man laut gesetzlicher Vorgaben mit höherer Dichte bauen darf, so muss man auch eine bestimmte Anzahl an Parkplätzen anbieten. Die hängen von der Anzahl der zu verkaufenden Einheiten oder der zu vermietenden Quadratmeter ab – ganz gleich, ob es sich dabei um Büros, Hotels oder eine gewerbliche Nutzung der Fläche handelt. Vollautomatische Systeme bringen eine viel strengere Geometrie als konventionelle Parksysteme mit sich, doch aufgrund der Effizienz ihres Designs können sie den Raum optimieren.

Sind unterirdische Parksysteme in Städten also die Zukunft?

Frank Stockenberg: In vielen Ländern der Welt ist das bereits die Gegenwart. Hier in Mexiko-Stadt etwa haben wir bereits mehrere dieser Systeme.

Javier Lachica: Es kommt darauf an, wie sich das Automobil und das Verhalten der Menschen dahingehend zukünftig entwickeln werden. Wenn sich beispielsweise die Idee des Carsharings durchsetzen sollte, dann wird der Bedarf an Parkplätzen in den Städten weniger relevant.

Das Parksystem für Chapultepec Uno ist das größte, das WÖHR konstruiert hat.

Javier Lachica: WÖHR hat in der Vergangenheit bereits ähnliche, unabhängige Systeme entwickelt. Aber als einzelnes, einheitliches System ist es das größte, das weltweit gebaut wurde. Sowohl von WÖHR Deutschland als auch von APS hier in Mexiko. Wenn man es sieht, dann transzendiert die Schönheit all die Hindernisse und Herausforderungen. Der Übergabebereich ist ein gemeinsamer Parkplatz für alle. Die großen Dimensionen und die Transparenz des Glases sichern einen komfortablen Raum für Ankunft und Abfahrt.

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